Das Mannheimer Azubihaus

Rundum-Sorglos-Paket hilft Nachwuchs-Fachkräften

Von der Mannheimer Wirtschaftsförderung angestoßen, ist das Azubihaus Mannheim auf dem Spinelli-Gelände inzwischen gut ausgelastet.

VON STEFANIE BALL

Ziehen beim Projekt Azubihaus an einem Strang: (v.l.) Harald Pfeiffer vom Fachbereich für Wirtschafts- und Strukturförderung der Stadt Mannheim, André Stephan und Stefanie Pietruska von der GBG, Sozialpädagoge Sebastian Unser sowie die Leiterin des Förderbandes Barbara Stanger. FOTO: STEFANIE BALL

Elisa Becker ist knapp über 20 Jahre alt. Nach der mittleren Reife hat sie eine Ausbildung zur Metallbauerin absolviert, stellte dann aber fest, dass das nicht ihr Traumberuf für die nächsten 40 Jahre würde. Sie entschied sich für einen anderen Weg und bewarb sich beim Universitätsklinikum Mannheim für eine weitere Ausbildung – als Pflegefachfrau. Die Zusage ließ nicht lange auf sich warten und die Freude war groß, in einem so großen und renommierten Krankenhaus eine Stelle zu finden. Doch ein Problem musste die junge Frau lösen. Wo sollte sie in der Quadratestadt wohnen?

Ein eigenes Reich für junge Leute: die Wohnungen im Azubihaus. FOTO: GERO ULMRICH

Pendeln scheidet für Elisa aus. Ihr Heimatort in der Eifel ist einfach zu weit entfernt. Aber in Mannheim sind die Mieten hoch und die Auswahl ist begrenzt. Da war das Apartment im Mannheimer Azubihaus, das ihr das Universitätsklinikum anbot, eine gute Alternative. „Seitdem wohne ich hier“, berichtet sie. Ja, die Wände seien dünn, und manchmal gebe es Diskussionen, etwa um laute Musik.„Aber es ist ok, und der Weg zum Universitätsklinikum ist nicht weit.“ Bei Unstimmigkeiten steht außerdem Sebastian Unser als Ansprechpartner zur Verfügung. Der Sozialpädagoge sorgt dafür, dass die jungen Auszubildenden, die oftmals das erste Mal weg von zu Hause sind, an ihrem neuen Wohn- und Arbeitsort zurechtkommen.

Das Azubihaus ist ein Gemeinschaftsprojekt: Der Fachbereich für Wirtschafts- und Strukturförderung der Stadt Mannheim hat das Ganze nach Gesprächen mit dem Arbeitgeberverband Südwestmetall, der IHK Rhein-Neckar, der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald, der Agentur für Arbeit Mannheim sowie dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) angestoßen. Das 2016 gestartete und von der Heidelberger Dienste gGmbH betriebene Ausbildungshaus in Heidelberg hat für das Projekt in Mannheim Pate gestanden. Die Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft GBG hat es vor Ort umgesetzt. Eines der alten Kasernengebäude der US-Armee auf dem Konversionsareal Spinelli in Mannheim-Feudenheim in Sichtweite der BUGA 23 wurde saniert und bietet nun Wohnraum in 104 Apartments – mit nachhaltiger Photovoltaikanlage auf dem Dach für den Strom. Das Förderband, eine Einrichtung der Jugendberufshilfe, die sich um den Übergang von Schule zu Beruf kümmert, stellt – beauftragt von der Wirtschaftsförderung – den Sozialpädagogen Sebastian Unser, der wöchentlich 20 Stunden vor Ort zu erreichen ist. Neben einer täglichen Sprechstunde bietet er auch Seminare an, etwa zum Umgang mit dem ersten selbst verdienten Geld, oder er lädt Bewohnerinnen und Bewohner zu einem Grillabend ein, um die Kontakte zu fördern.

Gemietet werden die Apartments von den Unternehmen, die die mit Bett, Pantryküche und Bad vollausgestatteten Zimmer an ihre Auszubildenden weitergeben. Die monatliche Pauschalmiete beträgt 450 Euro. Welche Summe die Firmen von ihren Auszubildenden verlangen, bleibt ihnen überlassen.

„Mit dem Ausbildungshaus können wir die Mannheimer Unternehmen unterstützen, Fachkräfte zu gewinnen und zu binden“, betont Harald Pfeiffer vom Fachbereich für Wirtschafts- und Strukturförderung. Denn das wird immer schwieriger. Die Firmen suchen oft händeringend Auszubildende, um ihren Fachkräftebedarf für die Zukunft zu sichern. Wer da als Unternehmen neben einem attraktiven Ausbildungsplatz noch attraktiven Wohnraum, verkehrsgünstig gelegen, bieten kann, hat einen klaren Vorteil.

Das sieht auch die Deutsche Bahn (DB) so, die wie das Universitätsklinikum eine ganze Etage plus zusätzliche Zimmer im Erdgeschoss gemietet hat. Mannheim ist Standort für die Ausbildung unter anderem von Gleisbauern und Kaufleuten für Speditions- und Logistikdienstleistung. Ein Teil der jungen Leute absolviert die komplette Ausbildung in Mannheim, andere sind blockweise vor Ort und nutzen dann die Ausbildungswerkstätten und Trainingszentren. Bislang waren diese in anderen Jugendwohnheimen oder manchmal in Hotels untergebracht – doch das ist nun Vergangenheit. „Wir haben eine zeitgemäße Unterkunft für unsere Nachwuchskräfte gesucht, mit der Möglichkeit, sich selbst zu versorgen“, sagt Verena Webler, Referentin für Wohnungswesen von der DB Netz AG in Karlsruhe. Im Azubihaus hätten nun alle ihr eigenes Reich, plus Gemeinschaftsräume, um sich kennenzulernen.„Das schätzen die jungen Leute sehr“, weiß Webler aus einer Befragung unter den Azubis. Nebenher lernten sie, Verantwortung zu übernehmen und selbstständig zu werden. Dass es mit Sebastian Unser einen Ansprechpartner gibt, sei ideal.„Das Sozialkonzept ist für uns sehr wertvoll“, betont Webler.

Auch das Universitätsklinikum ist froh über das Angebot. „In einem angespannten Wohnungsmarkt ist es für Ausbildungsbewerber ein wichtiges Argument, wenn ihr Ausbildungsbetrieb preiswerten Wohnraum zur Verfügung stellen kann“, weiß Freddy Bergmann, Kaufmännischer Geschäftsführer des Universitätsklinikums.