Die Mannheimer Innenstadt ist Oberzentrum der Metropolregion Rhein-Neckar und ein attraktiver und lebendiger Ort zum Einkaufen, Arbeiten, Leben und Genießen. Doch sie steht vor großen Herausforderungen.
von Ulla Cramer
Die Zahlen sprechen für sich: In die Mannheimer City fließt jeder zehnte Euro, der in der Rhein-Neckar-Region ausgegeben wird und sie steht im Ranking der umsatzstärksten Postleitzahlbezirke deutschlandweit auf Platz 13. Für die Kundinnen und Kunden aus dem Umland ist sie ein echter Magnet. Auf jeden von einem Mannheimer ausgegebenen Euro auf den Planken oder in der Fressgasse kommen zusätzliche acht Euro von Besuchern aus der Pfalz, aus Heidelberg oder dem Rhein-Neckar-Kreis. Doch auch wenn die Stadt auf diese Werte durchaus stolz sein kann, vor der Corona-Pandemie sah es auch schon einmal besser aus. Und deshalb genießt die Entwicklung der Mannheimer City derzeit in der Quadratestadt eine hohe Priorität.
„Lokomotive“ der aktuellen Initiativen ist „FutuRaum Mannheim“, ein vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen im Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ mit 2,5 Millionen Euro gefördertes Projekt. Die Stadt Mannheim schultert einen Eigenanteil von 850.000 Euro, NEXT MANNHEIM sowie VTM Mannheim insgesamt weitere 100.000 Euro. Und das Projekt nimmt Fahrt auf. Am 11. Juli 2024 gab der Mannheimer Gemeinderat die Zustimmung zu ersten konkreten Maßnahmen und stellte dabei die Steigerung der Attraktivität in der Fressgasse als Pilotprojekt in den Fokus. Ein großer Erfolg war bereits ein Dachfestival, bei dem im September 2024 für knapp zwei Wochen Dächer in der Innenstadt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, sowie das Fressgassenfest am 6. Oktober 2024. Zudem wurde auch die Ausstellung „Die neue Sachlichkeit“ der Mannheimer Kunsthalle in die Innenstadt ausgeweitet.
Außerdem soll das Queer-Festival Monnem Pride zu einer Pride Week erweitert werden. Um gegen die hohe Hitze in der weitgehend versiegelten Innenstadt anzugehen, ist zudem in einem ersten kleinen Schritt vorgesehen, zwei jeweils 30 Quadratmeter große Flächen im Eingangsbereich der Fressgasse zu begrünen.
„Besonders wichtig ist es uns, alle Akteure bei der Innenstadtentwicklung mit einzubinden und die Bürgerschaft umfassend zu beteiligen“, betont Oberbürgermeister Christian Specht. Als Multiplikator dient beispielsweise die City Factory, eine Arbeitsgruppe, in der mehrere große Interessengruppen zusammenarbeiten. Mit dabei sind Vertreter der Innenstadtwirtschaft wie die IHK Rhein-Neckar, die Werbegemeinschaft Mannheim City, der Handelsverband sowie Vertreter verschiedener Geschäfte, der Gastronomie und der Hotellerie sowie das Eigentümernetzwerk City-Net e. V. Eine wichtige Stimme haben zudem verschiedene Bürgervereine, die Sprecherinnen und Sprecher des Bezirksbeirats, Kultur und Kreative, Architektinnen und Architekten sowie der tertiäre Bildungsbereich. Eine parallel tagende „AG Verwaltung“ ergänzte die City Factory, um die Vorschläge der Vertreter der Innenstadtwirtschaft aufzunehmen und in die jeweiligen Fachbereiche zur Überprüfung mitzunehmen. Beide Arbeitsgruppen stehen unter der Leitung von Petar Drakul.
Als Immobilienbesitzer in der City wollen wir die Transformation unserer Stadt begleiten.
Andreas Hilgenstock, Gesellschafter der engelhorn-Gruppe
Foto: Thomas Tröster
Die bisher erste Kooperation zwischen Immobilieneigentümern und einer Stadt ist dabei der neu gegründete Verein City-Net, das Eigentümernetzwerk der Innenstadt Mannheims, der eng mit der Mannheimer Wirtschaftsförderung zusammenarbeitet, wo auch die Geschäftsstelle des Vereins angesiedelt ist. Gebündelt werden hier die Interessen von aktuell 20 Mitgliedern, allesamt Eigentümerinnen und Eigentümer von Immobilien entlang der Mannheimer Haupteinkaufsachsen Planken, Fressgasse, Kunststraße und Breite Straße, um gemeinsam als Ergänzung zu Kammern und Verbänden und im Austausch mit Politik und Verwaltung die Gestaltung der Mannheimer Innenstadt voranzutreiben. „Die Herausforderungen in unserer Stadt sind enorm, aber die Chancen sind es auch“, betont Andreas Hilgenstock, Mitgründer und Vorsitzender der Initiative und Aufsichtsrat sowie Gesellschafter der engelhorn-Gruppe. „Unsere Familien und unsere Unternehmen planen in Generationen. Mit der Schaffung dieses Forums ist es uns gelungen, uns miteinander sehr konstruktiv und zügig zu vereinbaren. Wir wollen Mannheim voranbringen und hoffen, dass wir unsere Ansätze zusammen mit der Stadt positiv weiterentwickeln werden.“ Bei Themen wie Erreichbarkeit und Mobilität, Sicherheit und Sauberkeit, Sortimentsmix und Vielfalt, Klima/Nachhaltigkeit, Kulturangebot, Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung sowie neue Arbeitswelten und Wohnen ist City-Net aktiv und will die Stadt unterstützen. Die Schaffung von Fahrradabstellplätzen, die Umsetzung von Barrierefreiheit vor den Gebäuden, aber auch die Beleuchtung an Ein- und Ausgängen sowie auf Rolltreppen und in Treppenbereichen sind hier erste Maßnahmen. Die Installation von Photovoltaikmodulen, eine bessere Gebäudedämmung und die gezielte Begrünung von Fassaden und Dächern soll die Klimaneutralität fördern. Und: Die Mitglieder von City-Net setzen bei ihren Immobilien in Zukunft nicht nur auf Handelsflächen. „Wir wollen die Transformation unserer Stadt begleiten und unterschiedlich nutzbare und neu zu qualifizierende Flächen auch für Wohnraum in zentralen Lagen und mit sozial verträglichen Mieten anbieten“, bringt es Hilgenstock auf den Punkt.
Sowohl bei Peek & Cloppenburg als auch bei C & A werden bereits die oberen Stockwerke vor allem für Büros und Praxen genutzt. Ähnliches plant auch Galeria. Nachdem es gelungen ist, die Schließung der Filiale am Paradeplatz in letzter Minute zu verhindern, ist die Freude groß. Investor Egon Scheuermann, der gemeinsam mit drei Mitgesellschaftern die Immobilie erworben hat, will in das Gebäude investieren. Im August 2024 wurde mit den Renovierungsarbeiten begonnen. Derzeit ist geplant, dass Galeria die Fläche bis zum 4. Obergeschoss belegt, für die Etagen darüber und die Dachterrasse werden neue Lösungen gesucht.
Penelope Wasylyk, Citymanagerin der Mannheimer Wirtschaftsförderung, wünscht sich, dass sich nach Krisen und Rückschlägen eine Aufbruchsstimmung in der Innenstadt einstellt. „Wir als Stadt setzen alles daran, die Attraktivität auf den Planken und ihrem Umfeld zu verbessern und binden hier alle Stakeholder ein. Es ist besonders wichtig, dass wir hier alle an einem Strang ziehen. Denn nur ein perfektes Zusammenspiel von einem interessanten Sortimentsmix und einem guten Service im Handel mit einer ansprechenden Aufenthaltsqualität wird dazu beitragen, Mannheim als Oberzentrum weiter zu stärken.“ Dabei stehen die Zeichen durchaus positiv: Die Umsätze im stationären Einzelhandel legen in Deutschland generell wieder zu – in 2023 um 3,2 Prozent, für 2024 liegt die Prognose bei 3,5 Prozent.
„Es muss ein Ruck durch die Breite Straße gehen“
„Es ist richtig und wichtig, dass wir uns bei der Innenstadtgestaltung um die Highlights wie die Planken und die Fressgasse kümmern“, so Wirtschaftsbürgermeister Thorsten Riehle. „Wir dürfen darüber jedoch auch die Breite Straße nicht vergessen, die mir aktuell sehr große Sorgen bereitet. Meiner Meinung nach müssen wir den Bereich zwischen Marktplatz und Kurpfalzbrücke stabilisieren. Wir brauchen hier ein deutlich vielfältigeres, attraktiveres Angebot und müssen etwas gegen Müll, Leerstände und offene Baugruben tun.“ Auch die meist türkischen und arabischen Händler vor Ort kritisieren den Zustand der Breiten Straße und rückläufige Umsätze – vor allem nach dem tragischen Tod eines Polizisten am 31. Mai 2024 auf dem Mannheimer Marktplatz. „Das bunte Treiben rund um den Marktplatz, wo Menschen aus ganz Deutschland das reichhaltige Angebot beispielsweise von Brautmode und Schmuck nutzen, hat seinen Reiz“, weiß Riehle. „Doch die Unternehmerinnen und Unternehmer vor Ort müssen beispielsweise bei der Gastronomie ein Angebot für nicht-muslimische Menschen machen und Wein oder Bier oder einen Apfelkuchen auf der Speisekarte haben – auch das ist Vielfalt.“ Nun ist ein Anfang gemacht: Verschiedene Arbeitsgruppen wurden gegründet und man redet miteinander. Die Eigentümer der Immobilien sollen auch mit ins Boot geholt werden. „Und als Stadtverwaltung müssen wir über weitere Ideen nachdenken“, ist Riehle überzeugt. „Wohnangebote für Studierende zu schaffen, wäre sicher eine Option oder die Einladung an Künstlerinnen und Künstler, sich in der Breiten Straße zu präsentieren. Mit der Abendakademie haben wir zudem einen wichtigen Bildungsanbieter vor Ort. Auch diesen sollten wir unbedingt einbinden. Gegebenenfalls müssen wir möglicherweise eine sogenannte Sanierungssatzung erlassen, die uns städtebauliche Eingriffe und zum Beispiel ein Vorkaufsrecht für Gebäude ermöglicht.“ uc