Rico Fischer (l.) und Jérôme Emler vor einem mit neuester Sicherheitstechnik ausgestatteten Geldautomaten.
Foto: Sparkasse Rhein Neckar Nord
Geldautomatensprengungen sind in Baden-Württemberg nach wie vor ein Problem. Besonders perfide: Wo Kriminelle in der Vergangenheit Gas zur Sprengung nutzten, kommen mittlerweile synthetische Stoffe zum Einsatz. Der Grund: Gegen Gasangriffe sind die Automaten schon lange gesichert. Um dennoch potenzielle Sprengungen zu verhindern, rüstete die Sparkasse ihre Automaten bereits im Frühjahr 2023 mit modernster Sicherheitstechnik aus. Neuste Farbtechnologie, verbesserte Tresore und künstliche DNA-Markierungen machen es den Tätern seither schwer.
„Wenn wir die Gefahr von Sprengungen gänzlich vermeiden wollten, müssten wir alle Automatenstandorte schließen“, sagt Jérôme Emler, Sicherheitschef der Sparkasse. Eine solch massive Service-Einschränkung ist für das regionale Kreditinstitut allerdings nicht denkbar: „Das ist nicht im Sinne unserer Kundinnen und Kunden. Doch wir können es den Kriminellen so unattraktiv wie möglich machen“, so Pressesprecher Rico Fischer. Emler konkretisiert: „Was fangen sie zum Beispiel mit dem erbeuteten Bargeld an, wenn es durch massive Farbverunreinigungen nicht mehr nutzbar ist?“ Farbsysteme gibt es zwar schon länger, doch durch die Wucht des neuerdings verwendeten Sprengstoffs werden diese oft zerstört, bevor ihr Mechanismus auslösen kann. Mit dem neuen System wird dies bei den Automaten der Sparkasse Rhein Neckar Nord vermieden. Das Bargeld wird eingefärbt, sobald die Sicherheitssysteme des Automaten den Sprengversuch registrieren. Wie genau das funktioniert, will Emler aus nachvollziehbaren Gründen nicht sagen: „Den Kriminellen den Clou dahinter zu verraten, wäre kontraproduktiv.“ Mittlerweile würden zudem Farbstoffe verwendet, die mit keiner Methode von den verunreinigten Geldscheinen ablösbar seien. Auch dabei waren die Kriminellen in der Vergangenheit kreativ.
Mit dem zweiten neuen Sicherheitssystem will die Sparkasse zudem die Verfolgung der Täter durch die Polizei unterstützen. Wird ein Automat gesprengt, werden Banknoten nicht nur eingefärbt, sondern zusammen mit der Raumluft mit künstlicher DNA benetzt. Die freigesetzten Partikel markieren folglich nicht nur die Beute, sondern auch die Kleidung sowie die Werkzeuge der Täter. Mit dem Einstieg der Kriminellen ins Fluchtfahrzeug wird auch dieses gekennzeichnet. „Der Einsatz dieser Technik kann es den Ermittlungsbehörden erleichtern, die Täter und den Tatort in direkte Verbindung zu bringen“, sagt Emler. Werden also eine Banknote, ein Kleidungsstück oder ein Fluchtwagen aufgespürt, kann exakt ermittelt werden, bei welchem Verbrechen sie zum Einsatz kamen – ein möglicherweise entscheidender Schritt bei der meist schwierigen Aufklärung von Automatensprengungen. Im Idealfall könnte allein die Kenntnis darüber, dass diese Technik im Einsatz ist, Kriminelle von der Tat abhalten. Die Sparkasse kommuniziert die Sicherungsmechanismen an jedem Automatenstandort und an jedem Automaten: „INK PROTECTED“ und „DNA PROTECTED“-Hinweise zieren die Geräte, dazu ein QR-Code. Wer diesen scannt, wird viersprachig gewarnt: „Achtung! Angriff lohnt sich nicht. Unsere Geldautomaten sind mit einem Einfärbesystem und künstlicher DNA abgesichert. Geldscheine werden dadurch unbrauchbar gemacht und Täter genetisch kontaminiert.“
Dass die neuen Mechanismen funktionieren, zeigte ein Sprengversuch Ende 2023. Nach der nächtlichen Sprengung eines Geldautomaten in Weinheim zogen die Täter ohne Beute ab. Die Untersuchungen des Gerätes zeigten, dass sowohl das neue Färbesystem, als auch der Auslöser für die künstlichen DNA-Markierungen nicht nur in der Theorie, sondern auch im Ernstfall zuverlässig funktionieren. Der Geldtresor, ausgerüstet mit einem Schließsystem der neuesten Generation, blieb überdies trotz Sprengung verschlossen. Der Inhalt des Tresors verbrannte zu großen Teilen. Die nicht verbrannten Geldschnipsel waren ausnahmslos in Farbe getränkt und mit der künstlichen DNA benetzt. „Im besten Fall spricht sich das unter den Tätern herum. Bei uns gibt es nichts zu holen“, sind sich Emler und Fischer einig.