Wohnungen und Büros

Neues Leben in der City

Wohnungen, Büros und Praxen drängen zunehmend in die Mannheimer City – als alternative Nutzungskonzepte für Handelsimmobilien.

VON ULLA CRAMER

Die ÖVA-Passage bietet Flächen für Handel, Büros und Wohnungen. FOTO: JOACHIM GROTHUS FÜR AACHENER GRUNDVERMÖGEN/BLOCHER PARTNERS

Schon bei ihrem Ankauf der ÖVA-Passage an der Mannheimer Fußgängerzone Planken im Jahr 2013 hatte die Kölner Kapitalverwaltungsgesellschaft Aachener Grundvermögen geplant, den 50er Jahre-Charme des Projekts wiederzubeleben, der den Gebäudekomplex auszeichnete.„Mannheim hat durch die Planken und die Struktur der Quadratestadt klare Grundrisse bei den Grundstücken – und ist damit perfekt geeignet für den stationären Einzelhandel. Zusätzlich ist Mannheim ein absolutes Oberzentrum inmitten einer der wachstumsstärksten Regionen Deutschlands mit expandierenden Branchen“, so Olaf Kreyenhagen, Leiter Ankauf Gewerbeimmobilien. „Wegen dieser zahlreichen Standortvorteile ist Mannheim für die Aachener Grundvermögen ein Investitionsschwerpunkt im Bereich Einzelhandelsimmobilien.“ 2022 wurden zwei weitere Geschäftshäuser auf den Planken in bester Einzelhandelslage erworben. Dabei achte man heute stärker als früher auf Mischnutzung, denn attraktiv für den Einzelhandel seien heute in der Regel nur noch das Erdgeschoss sowie das erste Obergeschoss und eventuell noch das zweite Obergeschoss und das Untergeschoss.
Und so wurde auch für die ÖVA-Passage, die im Oktober 2021 wieder öffnete, ein zeitgemäßes Nutzungskonzept entwickelt, bei dem die Mieter aus dem Handelsbereich wie die Modeunternehmen Ulla Popken und das Schuhgeschäft Onygo, die Bäckerei Grimminger, der Schmuckdesigner Kalaika und der Café-Franchiser Coffreez sich im Erdgeschoss konzentrieren. Im November 2022 wurden die Flächen an den Jeans-Spezialisten Levi’s und das Healthy Fast Food-Franchise Immergrün übergeben. Die Gewerbeflächen in den Obergeschossen wurden zu modernen Büroflächen in einer Gesamtgrößenordnung von 4.500 Quadratmetern, die inzwischen zum Großteil vermietet wurden. Im fünften Obergeschoss wurden Wohnungen geschaffen.

„Ein starker stationärer Einzelhandel ist eines der wichtigsten Merkmale funktionierender und lebendiger Innenstädte“, berichtet Kreyenhagen. „Aber erst durch eine Mischnutzung mit Wohnen, Büros und Gastronomie sowie Kunst-, Kultur- und Freizeitangeboten werden unsere Citys zum erlebbaren Gemeinschaftsraum, den alle Menschen gerne besuchen.“

TRIO: Flexible Nutzungsmodelle bei Peek & Cloppenburg

„Geschäfte werden kleiner und verlagern den Fokus auf eine klare Segmentierung, ein kuratiertes Sortiment und digitale Services. Büros müssen neben einer technischen und räumlichen Qualität auch insbesondere eine attraktive Lage bieten, um ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Vorteil gegenüber dem Homeoffice zu bieten“, weiß Dr. Kevin Meyer, Mitglied der Unternehmensleitung bei der Düsseldorfer Horn Grundbesitz KG, Eigentümerin und Asset Manager diverser von Peek & Cloppenburg genutzter Immobilien.

Auch für das Textilhaus Peek & Cloppenburg wurde ein neues Konzept umgesetzt –mit kleineren Handelsflächen und Büronutzung. RENDERING: HORN GRUNDBESITZ KG

Und diese Erkenntnisse flossen in ein neues Konzept ein, das auch für Mannheim umgesetzt wurde. Bereits im Herbst 2022, ein Jahr vor der Fertigstellung, war der von Stararchitekt Richard Meier entworfene Glasquader voll vermietet. Im Oktober 2021 eröffnete P&C auf einer verkleinerten Fläche, die das Untergeschoss bis zum ersten Obergeschoss umfasst. Der internationale Spezialist für digitalen Vertrieb und Telemarketing, die ALEX & GROSS Gruppe, wird die Stockwerke zwei bis vier mit rund 6.300 Quadratmetern als Büroräume für ihre 250 Arbeitsplätze belegen. „Der Umzug in eine attraktive Location im Herzen der Mannheimer Innenstadt war eine bewusste und strategische Entscheidung“, so Jochen Gross, CEO und Managing Partner des Unternehmens. „Hier können sich unsere Kollegen nicht nur beruflich, sondern auch persönlich entfalten und wohlfühlen. Neben unzähligen Pausen- und Einkaufsmöglichkeiten überzeugt die Location zusätzlich mit einer optimalen ÖPNV-Anbindung.“

DIRINGER & SCHEIDEL: „New 7“ – weiterer Baustein städtebaulicher Erneuerung

Sie hat eine lange Geschichte – die Immobilie an der Ecke Kunst-/Hövelstraße im Quadrat N7 in der Mannheimer City. Bis 1929 hieß hier ein Ufa-Palast die Kinobesucher willkommen, im November 1936 kaufte die Familie Vetter das Areal und Heinrich Vetter eröffnete in dem spektakulären Turmbau ein Kaufhaus. Ende der 1960er Jahre zog Horten in das Quadrat ein.

Alexander Langendörfer, Geschäftsführer DIRINGER & SCHEIDEL Wohn- und Gewerbebau. FOTO: D&S

Nach der Übernahme durch den Kölner Handelskonzern im Jahr 1994 wurde aus Galeria Horten die Galeria Kaufhof. Im Jahr 2020 endete dann die lange Warenhaus-Ära an dem Standort mit der Schließung des Hauses. Die DIRINGER & SCHEIDEL Unternehmensgruppe sicherte sich das Gebäude und unterschrieb einen Kaufvertrag mit Birgit Holzherr, einer Nichte von Heinrich Vetter.

„Natürlich sind wir als Projektentwickler immer an Toplagen interessiert“, so Alexander Langendörfer, Geschäftsführer DIRINGER+ SCHEIDEL (D&S) Wohn- und Gewerbebau GmbH. „Aber unsere Beziehung zu dieser Immobilie reicht schon lange zurück. Als Horten den Standort übernahm, hat die D&S Bauunternehmung von 1966 bis 1968 das Horten-Gebäude mit der bekannten Wabenstruktur-Fassade errichtet.“ Nun will D&S das alte Horten-Haus in eine nachhaltige Zukunft führen. „Für ein klassisches Warenhaus sehen wir keine Perspektiven“, ist Langendörfer überzeugt. „Dafür ist Wohnraum in der Innenstadt heißbegehrt – und auch Praxen und andere Anbieter rund um das Thema Gesundheit sowie neue Foodkonzepte sind sehr interessiert, sich in den Quadraten niederzulassen.“ In das Projekt „New 7“ kann D&S nach Langendörfers Überzeugung insbesondere seine Erfahrung bei der Realisierung des Stadtquartiers Q 6 Q 7 einbringen und will damit erneut einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Innenstadt leisten. „Das Thema Wohnen in die Quadrate zurückzubringen, schafft nicht nur dringend benötigten Wohnraum, sondern trägt auch zur Belebung der City bei. Gleichzeitig suchen wir verstärkt nach Bestandsimmobilien, die wir im Ganzen einer neuen Nutzung zuführen können. Hier kommt uns das profunde Know-how am Bau zugute“, betont Alexander Langendörfer.

Mit der Revitalisierung von Gebäuden will D&S sein Portfolio für eigene Projektentwicklungen erweitern – auch vor dem Hintergrund knapper werdender Grundstücke und Bauvorhaben auf der grünen Wiese. Denn Bauen im Bestand ist ein Zukunftsthema und hier verfügt die D&S Bauunternehmung seit Jahren über eine signifikante Expertise. Inzwischen ist daraus eine eigene Sparte erwachsen.

Zitat:
„Wir wollen mit dem Projekt ‚New 7‘ erneut einen wesentlichen Beitrag zur Innenstadtentwicklung leisten.“

Alexander Langendörfer, Geschäftsführer DIRINGER & SCHEIDEL Wohn- und Gewerbebau