Seit Jahresanfang 2023 ist Dr. Claudia Fleischer Geschäftsführerin der Roche Diagnostics GmbH an den Standorten Mannheim und Penzberg.
Foto: Roche

Diagnostik ist weit mehr als die Auswertung von Tests im Labor – es ist die Grundlage aller Behandlungsansätze in Arztpraxen und Kliniken. Mit ihrer Diagnostik-Sparte bietet Roche Produkte und Lösungen für diesen Bereich.

Wie wichtig die Diagnostik ist, hat die Corona-Pandemie gezeigt – und der Mannheimer Standort von Roche spielte hier eine wichtige Rolle ...

Dr. Claudia Fleischer: Die Covid-19-Pandemie hat aller Welt gezeigt, dass der Zugang zu schneller und präziser Diagnostik von entscheidender Bedeutung ist. Als sich das Corona-Virus 2020 ausbreitete, haben wir in nur 38 Tagen einen molekularen Test auf den Markt gebracht – üblicherweise dauert eine solche Entwicklung 18 Monate. Insgesamt bieten wir 13 verschiedene Covid-19-Tests – von Selbsttests bis zu PCR-Tests – an, die seit Ausbruch der Pandemie alle von Mannheim aus in insgesamt 170 Länder versandt wurden. Insgesamt haben wir über eine Milliarde Tests ausgeliefert.

Wie konnten Sie diese Leistung stemmen?

Fleischer: Wir bilden in unseren Standorten Mannheim und Penzberg die gesamte Wertschöpfungskette ab, angefangen von der Forschung und Entwicklung bis zum Vertrieb – alles unter einem Dach. Durch unsere hohe Fertigungstiefe waren wir zudem weitgehend unabhängig von den in Corona-Zeiten ohnehin sehr volatilen Lieferketten. Und natürlich haben wir auch von unserer langjährigen Expertise profitiert. Doch die eigentliche Basis für diese Leistung war der große Zusammenhalt in unserer Belegschaft. Aus allen Abteilungen kamen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammen, um die Kolleginnen und Kollegen aus dem Versand zu unterstützen. Für uns war es selbstverständlich, unseren Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, um möglichst gut durch die Pandemie zu kommen.

Welche Rolle haben denn in diesem Zusammenhang die Tests übernehmen können?

Fleischer: Wir haben dazu für den Zeitraum zwischen April 2020 und September 2021 eine Prognos-Studie in Auftrag gegeben – eine Phase, in der noch kein Impfstoff in größerer Menge zur Verfügung stand. Diese Untersuchung hat ergeben, dass durch den Einsatz von Tests rund 2,8 Millionen Infektionen in Deutschland vermieden werden und dadurch längere Lockdowns umgangen werden konnten. Das hat nicht nur zu erheblichen Entlastungen im Gesundheitssystem und Kosteneinsparungen für stationäre Behandlungen von mindestens 2,8 Milliarden Euro geführt, sondern auch einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in einer Größenordnung von 36,5 Milliarden Euro (knapp 0,8 Prozent) verhindert.

Welche Bedeutung haben Innovationen für Roche?

Fleischer: Forschung gehört zu unserer DNA. Das ist, was uns antreibt. Das drückt auch unser Motto „Doing now what patients need next“ aus. Ein Beispiel ist unser gerade eröffnetes Launch Center für die Massenspektrometrie, ein Analyseverfahren, das wir automatisiert und zu einem festen Bestandteil der Routinediagnostik entwickelt haben. Es soll Ende 2024 auf den Markt kommen und dazu beitragen, Körperflüssigkeiten noch sehr viel präziser und spezifischer zu analysieren, als es bisher möglich ist.

Wie entwickelt sich Ihre Diagnostik-Sparte, nachdem die Sondereinflüsse durch Corona rückläufig sind?

Fleischer: Auch ohne Corona wachsen wir in einem sehr soliden Bereich und profitieren dabei von der während der Pandemie aufgebauten Gesundheits-Infrastruktur in vielen Ländern, beispielsweise durch Laborkapazitäten, und unserem stetig wachsenden Portfolio an diagnostischen Tests. Wir nehmen auch wahr, dass in mehr Ländern die Früherkennung und die Prävention von Erkrankungen verfolgt wird, wo wir mit den Analysesystemen und Reagenzien aus unserer Diagnostik-Sparte unterstützen können. Besonders im Bereich Reagenzien als Basis unterschiedlicher Analysen sehe ich gute Wachstumschancen.

Wie wichtig ist der Standort Mannheim für Roche?

Fleischer: Mannheim ist nach Basel und San Francisco der drittgrößte Standort von Roche – und hat mit einer 150-jährigen Geschichte eine enorme Expertise. Durch die Abbildung der gesamten Wertschöpfungskette sind hier die Wege kurz, knifflige Fragestellungen werden unkompliziert gelöst. Diese Macherqualität ist ein wirkliches Markenzeichen von Mannheim. Doch natürlich punktet Mannheim auch mit seinem Umfeld, den Hochschulen, den Kliniken und den zahlreichen Unternehmen, die wir ja zu unserer Unterstützung brauchen. Roche setzt auf diesen Standort. Dafür steht die Investitionssumme von 1,4 Milliarden Euro seit 2018. Und als größter Arbeitgeber Mannheims sind wir auch stolz darauf, über unsere 8.650 Arbeitsplätze hinaus über Aufträge aus unserem Unternehmen und die von uns generierte Kaufkraft noch weitere 14.500 weitere Arbeitsplätze zu unterstützen.

Die Fragen stellte Ulla Cramer.

Zur Person

Zum Jahresanfang 2023 hat Dr. Claudia Fleischer die Aufgabe der Geschäftsführerin und Sprecherin der Geschäftsführung der Roche Diagnostics GmbH in Mannheim und Penzberg übernommen. Nach ihrem Pharmazie-Studium in Halle-Wittenberg und ihrer Promotion in München begann sie 2004 ihre Karriere bei Roche als Koordinatorin für klinische Studien im Bereich Technische Entwicklung der Pharma-Division in Basel. Seitdem hatte sie vielfältige Führungsrollen bei Roche inne und war zuletzt Geschäftsführerin der Pharma-Vertriebsgesellschaft in Rumänien.

Das Thema Forschung hat bei Roche eine hohe Priorität. Foto: Roche
Große Einweihungsfeier in Mannheim
Auch die Kapazität für die Abfüllung von Reagenzien wurde ausgebaut. Foto: Roche

Die Eröffnung von drei Gebäuden feierte Roche im Juni 2023 am Standort Mannheim. Mehr als 160 Millionen Euro hat der Gesundheitskonzern auf seinem Campus in der Quadratestadt investiert. Im neu errichteten Launch Center für Massenspektrometrie wird die Fertigung für ein völlig neues Produktsegment für die Diagnostika-Division aufgebaut. Um die steigende Nachfrage nach Diagnostika zu bedienen, hat Roche zudem die Kapazitäten bei hocheffizienten und automatisierten Abfüllanlagen für Systemlösungen erweitert. Im neuen Büro- und Trainingsgebäude für den globalen Kundenservice finden nicht nur mehr als 300 Mitarbeitende modernste Arbeitsplätze vor, sondern empfangen auch jeden Monat mehr als 200 Roche-Kollegen und -Kolleginnen aus aller Welt zu Schulungen an den innovativen Laborsystemen. Weitere Produktionsanlagen sowie ein neues Distributionszentrum befinden sich aktuell im Bau. uc