An zwölf Flughäfen präsentiert sich FUCHS mit seiner Kampagne. Foto: Fuchs

Die Transformation hin zur E-Mobilität bei Pkw ist in vollem Gang. Auch der Schmierstoffhersteller FUCHS hat die Weichen für die Zukunft längst gestellt.

Einen großen Teil seines Umsatzes erzielt FUCHS rund um den Automotive-Bereich. Doch was passiert, wenn Verbrennungsmotoren zum Auslaufmodell werden?

Dr. Sebastian Heiner sieht vor allem bei der Entwicklung neuer technologischer Lösungen viele Möglichkeiten für FUCHS im Bereich Elektromobilität. Foto: Fuchs

Dr. Sebastian Heiner: Zunächst einmal umfasst der Automotive-Bereich bei FUCHS eine große Bandbreite an Anwendungen, darunter Schmierfette für Autositze, Kopfstützen, Klimaanlagen, Lenkungs- und Bremssysteme sowie Getriebe- und Motorenöle bzw. Hydrauliköle für Stoßdämpfer, die mit dem Motorentyp nichts zu tun haben. Und: Auch wenn die EU den herkömmlichen Verbrennungsmotor beim Verkauf von neuen Pkw und kleineren Transportern ab 2035 verbietet, ist das Thema dann ja noch nicht vom Tisch. Die mit dieser Technologie ausgestatteten Fahrzeuge werden nicht von einem Tag auf den anderen verschrottet, und das Service-Geschäft für Gebrauchtwagen läuft weiter. Außerdem betreffen die neuen Regelungen nicht die Schwerlastfahrzeuge, ein Bereich, der rund die Hälfte unseres Umsatzes im Automotive-Geschäft ausmacht. Trotzdem: Der Umsatz bei der Motorenöl-Erstbefüllung von Pkw mit unseren Produkten ist ganz klar vom Thema Elektromobilität betroffen. Diese Entwicklung sehen wir jedoch nicht als Gefahr, sondern als eine Wachstumschance für unser Unternehmen.

Können Sie uns dies näher erklären?

Heiner: E-Autos stellen an viele Produkte neue und steigende Anforderungen. Neben Weiterentwicklungen bereits vorhandener Produkte sind auch neue Lösungen gefragt. Hier haben wir gegenüber der Konkurrenz die Nase vorn. Somit können wir auch zukünftig unseren Kunden technologisch anspruchsvolle, ganzheitliche Schmierstofflösungen und Funktionsflüssigkeiten anbieten.

Können Sie uns für die neuen Anforderungen ein paar Beispiele nennen?

Heiner: In einem Verbrennerfahrzeug überdeckt der Motor beispielsweise das Geräusch der Radlager. In einem E-Auto ist dieses jedoch durchaus zu hören. Entsprechend steigen die Anforderungen an geräuschdämpfende Schmierfette, die hier eingesetzt werden. Oder nehmen wir die E-Batterie. Sie muss je nach vorherrschenden Verhältnissen gekühlt oder gewärmt werden. Dafür haben wir spezielle Thermofluide entwickelt. Auch Themen wie hohe Drehmomente, Kupferkorrosion oder elektrische Leitfähigkeit sind wichtige Faktoren, die für die Entwicklung unserer neuen Produkte eine Rolle spielen. In 2020 haben wir für das Thema Elektromobilität mit unserer globalen Produktlinie FUCHS BluEV ein eigenes Sortiment vorgestellt, das bei mehreren Fahrzeugherstellern in Europa, aber auch in den USA und vor allem in China bereits eingesetzt wird.

Bei der Entwicklung von Produkten für die Elektro­mobilität setzen Sie auf Ihre eigene Expertise …

Heiner: Dieses Know-how ist natürlich die Basis bei der Entwicklung unsers Portfolios. Doch wir arbeiten bei großen Forschungsvorhaben auch eng mit der Wissenschaft und unseren Kunden zusammen – beispielsweise mit Blick auf die anstehende Elektrifizierung im Lkw- und Landmaschinensegment. Zudem sind wir im Mai 2022 mit der Beteiligung an der E-Lyte Innovations GmbH selbst in den schnell wachsenden Markt für Elektrolyte eingestiegen, ein wesentlicher Bestandteil von Lithium-Ionen-Batterien. Anfang 2024 geht unsere Produktionsanlage in Kaiserslautern in Betrieb, die mehrere tausend Tonnen Elektrolyte im Jahr herstellen kann.

Sind E-Batterien für Sie auch unabhängig vom Automotive-Bereich ein interessantes Geschäftsfeld?

Heiner: Derzeit entstehen in verschiedenen Regionen der Welt mehrere Batteriefabriken. Die ersten sind bereits am Start und selbstverständlich wollen wir in diesem schnell wachsenden Markt eine wesentliche Rolle spielen. Unser umfassendes Portfolio an Schmierstoffen und Funktionsflüssigkeiten, welches sehr viele verschiedene Bereiche des Lebenszyklus einer Batterie abdeckt, stellt hierfür die ideale Grundlage dar. Dementsprechend sehen wir bei der Elektromobilität auch über die eigentlichen E-Autos hinaus zahlreiche Marktchancen.

Im Juli 2023 hat FUCHS seine Firmierung von FUCHS PETROLUB SE zu FUCHS SE geändert. Was war der Grund dafür?

Heiner: Auch bei dieser Entscheidung spielt die anstehende Transformation u. a. in den Bereichen Future Mobility und Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Wir wollen unsere Technologieführerschaft in diesen Bereichen ausbauen. Mit dem Verzicht auf den Zusatz „Petrolub“ stellen wir die Breite unserer über 10.000 Produkte in den Fokus. Außerdem bezieht sich der Begriff „Petrolub“ auf den Ursprung eines Großteils unserer Rohstoffe und kann zu einer falschen Vorstellung unseres Geschäftsmodells führen.

Parallel zur Namensänderung haben Sie die FUCHS-Kampagne MOVING YOUR WORLD gestartet, mit der FUCHS jetzt auch stärker global Flagge zeigt …

Heiner: Gleich an zwölf internationalen Flughäfen von Atlanta über Bangkok, Johannesburg, São Paulo und Sydney bis Warschau und Wien fahren wir erstmalig eine internationale Out of Home-Kampagne für mehr Sichtbarkeit und Wahrnehmung. Es ist Zeit, dass FUCHS als Hidden Champion jetzt stärker ins globale Licht tritt.

Die Fragen stellte Ulla Cramer.

Zur Person

Dr. Sebastian Heiner hat Anfang 2023 die Aufgabe des Technischen Vorstands (CTO) bei FUCHS übernommen. 2020 kam der promovierte Chemiker zu FUCHS. Vor seinem Eintritt bei dem Mannheimer Schmierstoffhersteller bekleidete Heiner 13 Jahre lang verschiedene Führungsaufgaben im In- und Ausland bei der BASF.

Auch Röchling hat die E-Autos im Blick
Das Thema Batterien steht bei Röchling im Fokus seiner neuen Produkte rund um das Thema Elektromobilität.
Foto: Röchling

Mit seinen Produktlinien Aerodynamics, Structural Lightweight, Propulsion und Battery Solutions bedient der Mannheimer Kunststoffspezialist Röchling das Thema Elektromobilität – und baut seine Produktpalette stetig aus. Besonders im Fokus stehen Lösungen für Batterien. Röchling entwickelt zum Beispiel Zellkontaktiersysteme, Rahmen und Träger. Diese Komponenten aus Kunststoff halten die einzelnen Batteriezellen in Position, verbinden sie und unterstützen so die Leistungsfähigkeit des E-Autos. Spezielle Module des Herstellers sorgen dafür, dass die Batteriepakete stets ihre ideale Temperatur halten. Während der Fahrt regulieren bewegliche Frontspoiler und Luftklappensysteme den Luftwiderstand passend zur Fahrsituation. Auch für das „Tanken“ hat der Automobilzulieferer eine komfortable Lösung entwickelt: Automatische Ladeklappen mit Displays zeigen an, wie viel Power noch in der Fahrzeugbatterie steckt.

Röchling Automotive nutzt Kunststoff aber auch, um Autos sicherer zu machen. Unterfahrschutzplatten schützen die Batterie im Elektrofahrzeug vor dem sehr gefährlichen Eindringen von Fremdkörpern – und tragen aufgrund ihres geringen Gewichts zu einer größeren Reichweite bei.

Allein in den vergangenen drei Jahren investierte Röchling Automotive rund 30 Millionen Euro: für Forschung und Entwicklung sowie die Errichtung von Produktionsanlagen. Im Jahr 2023 entfallen knapp 70 Prozent der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten auf Elektromobilität.  uc