Seit 2016 steht Jennifer Kettemann an der Spitze des Mannheimer Handballvereins.
Foto: Sascha Baumann/Bild

Mit dem Sieg im dramatischen Pokalfinale im April 2023 bewiesen die Rhein-Neckar Löwen einmal mehr ihre Klasse – sehr zur Freude von Geschäftsführerin Jennifer Kettemann.

Mit dem Pokalsieg und dem 5. Tabellenplatz war die Saison 2022/23 für die Rhein-Neckar Löwen ein großer Erfolg. Was bedeutet das wirtschaftlich für den Verein?

Jennifer Kettemann: Um es auf den Punkt zu bringen: Wir machen Sport, um zu gewinnen – und gerade die letzten Jahre waren für die Rhein-Neckar Löwen nicht gerade einfach. Dass wir 2023 den Pokal holen konnten, war ein echter Traum. Damit hatten wir nicht gerechnet. Auch unter wirtschaftlichen Aspekten ist dies von großer Bedeutung. Ein solcher Erfolg sorgt für Aufmerksamkeit bei potenziellen Sponsoren und stärkt die Bindung bei den Sponsoren, die uns schon länger unterstützen. 

Wie wichtig sind denn die Sponsoren für Ihren Verein?

Kettemann: Ohne unsere rund 500 Sponsoren geht bei uns gar nichts. Sie spielen bei der Finanzierung der Rhein-Neckar Löwen bei weitem die bedeutendste Rolle, gefolgt von den Einnahmen im Ticketing und dem Merchandising, das wir seit drei Jahren in eigener Verantwortung betreiben.

Können Sie uns etwas über die Struktur Ihrer Sponsoren berichten?

Großer Jubel: Im April 2023 gewannen die Rhein-Neckar Löwen den deutschen Handball-Pokal. Foto: RNL

Kettemann: Den Aufbau unserer Sponsoren muss man sich wie eine Pyramide vorstellen. Es gibt einen Hauptsponsor. Wir sind stolz, mit der WTG Holding einen Partner aus der Hauptstadt für unseren Club begeistert zu haben. Mit den Exklusivpartnern und Premiumpartnern folgen die Sponsorenebenen, durch die unser Club auf ein sehr stabiles Fundament gestellt wird. Globale Marken wie die SAP SE, die Duravit AG, REWE oder auch die BAUHAUS AG stehen seit über einem Jahrzehnt an der Seite der Rhein-Neckar Löwen. Aber selbstverständlich unterstützen uns auch viele regionale Werbe- und Hospitality-Partner. Diese Vielfalt zeichnet uns aus und wir unternehmen sehr viel, um die Bindung zu unseren Sponsoren aufrechtzuerhalten und zu intensivieren.

Wie sieht das im Einzelnen aus?

Kettemann: Zum einen erarbeiten wir für die Sponsoren maßgeschneiderte Angebote. Ist für das Unternehmen eine nationale Reichweite wichtig – oder ist es eher an nationaler oder internationaler Präsenz interessiert? Geht es eher darum, die Logos und die Werbung während der Spiele zu präsentieren oder ist auch die Präsenz in unseren sozialen Medien verbunden mit einer hohen Emotionalität von Interesse? Auf all diese Wünsche wird individuell eingegangen. Ein echter Mehrwert ist jedoch auch das Networking unserer Sponsoren untereinander, das wir mit vielen Ideen fördern. Da springt schon so manches Geschäft, also ein echter Return on Investment, heraus.

Können Sie uns ein Beispiel nennen?

Kettemann: Vom klassischen Business-Frühstück über eine Weinwanderung in der Pfalz, einen Abend im Spielcasino bis zum Eisstockschießen mit Glühweintrinken ist für jeden etwas dabei – auch Veranstaltungen bei unseren Top-Partnern dürfen auf unserem Veranstaltungskalender nicht fehlen. Wir legen jedoch Wert darauf, dass hier nicht der Verkauf im Fokus steht, sondern auch immer der Kontakt zum Verein eine signifikante Rolle spielt, beispielsweise durch den ergänzenden Besuch eines Trainings oder Gespräche mit Spielern. Eines meiner Lieblingsformate ist im Übrigen das Speed-Networking, das wir seit mehreren Jahren mindestens einmal in der Saison anbieten.

Muss man sich das ähnlich wie ein Speed-Dating vorstellen?

Kettemann: Ganz genau. Man hat genau drei Minuten, um dem Gegenüber jeweils sein Unternehmen vorzustellen und zu schauen, ob hier eine Zusammenarbeit möglich ist. Das macht viel Spaß, trifft auf große Resonanz und bringt auch Sponsoren zusammen, die normalerweise eher wenig Kontakt miteinander haben. Wer noch tiefere Einblicke in die Löwenwelt erhalten möchte, kann sich außerdem für einen geringen Sponsoren-Beitrag bei den „Wirtschaftslöwen“ engagieren, bei denen unser Sportkoordinator Oliver Roggisch Vorstandsmitglied ist und viele exklusive Events betreut.

Und dann gibt es noch den Hospitaliy-Bereich …

Kettemann: Die rund 1.000 Tickets, die wir hier jede Saison in den Logen, im Business-Club, im Company Center und in der Sky Lounge verkaufen, haben uns in der schwierigen Corona-Zeit, als wir nicht vor oder nur vor sehr wenigen Zuschauern spielen konnten, wirklich gerettet, denn fast niemand hat dieses Abonnement gekündigt. Wir haben jedoch auch alles darangesetzt, den Kontakt zu unseren VIP-Gästen genauso wie zu all unseren Fans zu halten. Zusammen mit unserem Sponsor REWE haben wir zum Beispiel Boxen mit Lebensmitteln und Getränken zusammengestellt und diese verschickt, damit unsere Partner die „Geisterspiele“ zu Hause mit der entsprechenden kulinarischen Begleitung genießen konnten.

Geld kann man zudem natürlich mit der Vergabe von TV-Rechten verdienen. Hat Handball denn überhaupt eine Chance gegen andere Sportarten wie Fußball?

Mit vielen Events wie hier einer Wanderung in der Pfalz fördern die Rhein-Neckar Löwen die Bindung mit und die Verknüpfung unter ihren Sponsoren. Foto: RNL

Kettemann: Vor einigen Jahren waren wir froh, wenn irgendein Sender überhaupt einmal ein Handballspiel übertrug, und Geld mit der Vergabe von TV-Rechten zu verdienen, war überhaupt keine Option. Doch hier tut sich derzeit etwas. Mit dem Pixum Super Cup zwischen den Rhein-Neckar Löwen als Pokalsieger und dem Deutschen Meister THW Kiel startete am 23. August 2023 die neue Streaming-Plattform Dyn, die zahlreichen Sportarten neben dem Fußball eine neue Heimat bieten will – und mit der die deutschen Handballmannschaften einen Vertrag abgeschlossen haben. Mit den TV-Produktionen durch Dyn Media haben die Handball-Vereine nun auch außerhalb der Live-Übertragungen die Möglichkeit, ihre Sportart auf den vereinseigenen sozialen Medien weiter zu streuen und mit professionellem Content zu präsentieren. Ein Bereich, der für die Rhein-Neckar Löwen immer wichtiger wird, um das Interesse am Handballsport weiter zu wecken und mit unseren Fans auch außerhalb der Hallen in Interaktion zu treten.

Als man Sie 2016 fragte, ob Sie sich vorstellen könnten, Ihren Job als Projektleiterin bei SAP an den Nagel zu hängen und als Geschäftsführerin zu den Rhein-Neckar Löwen zu wechseln – wie war Ihre erste spontane Reaktion?

Kettemann: In der Tat habe ich erst einmal abgelehnt, denn mit Handball hatte ich vorher wenig zu tun und das habe ich mir einfach nicht zugetraut. Doch dann habe ich die Chance ergriffen und bin beim Bewerbungsgespräch gegen fünf Kandidaten angetreten. Der Rest ist Geschichte. Heute habe ich bei den Rhein-Neckar Löwen einen Traumjob und kann mir das Leben ohne die Jungs gar nicht vorstellen.

Die Fragen stellten
Ulla Cramer und Heike Dinkel.

Zur Person

Nach zehn Jahren als Vorstandsassistentin und Projektleiterin bei der SAP wechselte Jennifer Kettemann 2016 im Alter von 34 Jahren als Geschäftsführerin zu den Rhein-Neckar Löwen. Im Juli 2021 wurde sie ins Präsidium der Handball-Bundesliga gewählt. Unter ihrer Leitung wurden die Rhein-Neckar Löwen 2016 und 2017 Deutscher Meister. 2018 und 2023 gewannen sie den Pokal.  Die Diplom-Betriebswirtin hat drei Kinder.