Die mit Sand gefüllte Holzbox stellt SAX + KLEE Nicolai Stern für die Tests seines Bohrers BOB zur Verfügung. Ralf Hoecker, Bereichsleiter Infrastruktur bei SAX + KLEE (l.), und Martin Preil, Technologietransfermanager bei der IHK Rhein-Neckar (r.), freuen sich über die gelungene Zusammenarbeit.
Foto: Stefanie Ball

Das Erfahrungspotenzial, die finanzielle Basis und die Marktstellung etablierter Unternehmen kombiniert mit unkonventionellen und innovativen Ansätzen junger Unternehmen – das ist der Mehrwert der Zusammenarbeit traditionsreicher Firmen mit Start-ups.

Dass Nicolai Stern mit seinem Mannheimer Start-up Stern Technic an einem Bohrer forscht, der autonom horizontale Löcher in Böden gräbt, liegt an dieser verflixten Baustelle in seinem Heimatdorf im Main-Tauber-Kreis. Die wollte und wollte nicht fertigwerden, und so regte sich Nicolai Sterns Vater seinerzeit auf: „Es muss doch eine Möglichkeit geben, die Leitungen schneller zu verlegen.“ Nach dieser Möglichkeit forscht nun der Sohn mit seiner gleichnamigen Firma. 

Um Rohre zu verlegen und dafür keine Gräben zu buddeln, setzen Baufirmen Erdraketen ein. Bodenverdrängungsverfahren nennt sich das auch. Es wird eine Start- und eine Zielgrube ausgehoben, und die Rakete gräbt – angetrieben mit Druckluft von einem Baustellenkompressor – Meter für Meter unterirdisch ein schmales Loch durch den Boden. Später können hierdurch Kabel und Leitungen verlegt werden.

Was einfach klingt, ist in der Praxis aber nicht unbedingt einfach. Die Raketen, die bereits seit mehr als 50 Jahren für diesen Zweck genutzt werden, sind nicht immer sehr präzise. Sie graben auch mal rechts oder links neben der geplanten Spur, manchmal gehen sie im Dunkel des Erdreichs auch verloren. Da sind dann gleich mal tausende von Euro futsch. Das ärgert die Baufirma, und das ärgert die Bürger, weil die Bauarbeiten zu keinem Ende kommen.

Nun soll BOB Abhilfe schaffen. BOB ist die Erfindung von Nicolai Stern, ein smarter Bohrer, der seine Position automatisch erkennt und korrigieren kann und vollelektrisch betrieben wird, was den Einsatz eines lauten und mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kompressors überflüssig macht. Er ist außerdem handlich und einfach zu bedienen. Ganz ausgereift ist BOB jedoch noch nicht, und um das Optimale aus ihm herauszuholen, ihn noch kleiner, handlicher, leichter und genauer zu machen, will der 33-Jährige weitere Tests durchführen.

Bislang hat er das in den Sandkästen von Spielplätzen gemacht. Seit neuestem verfügt er über einen Teststand bei SAX + KLEE. Das Mannheimer Traditionsunternehmen ist Spezialist im Tiefbau, in Sterns Neuentwicklung sieht man Potenzial. „Die Erdraketen sind zwar seit Jahrzehnten im Einsatz, ganz optimal sind sie aber nicht“, bestätigt Ralf Hoecker, Bereichsleiter Infrastruktur bei SAX + KLEE.

„Bei einem von der IHK Rhein-Neckar unterstützten Technologietransfer spart ein Unternehmen zeitintensive Recherchen nach passenden Kooperationspartnern und Kontaktpersonen – und kann sich ganz auf das Innovationsprojekt konzentrieren.“
Martin Preil,
IHK-Technologietransfermanager
Foto: IHK Rhein-Neckar

Den Kontakt zwischen Stern und SAX + KLEE hat Martin Preil hergestellt. Preil ist Technologietransfermanager bei der IHK Rhein-Neckar und eine seiner Aufgaben besteht darin, Start-ups und etablierte Unternehmen zu vernetzen, die sonst nicht so einfach zueinander gefunden hätten. Das war der zweite Grund für SAX + KLEE, Nicolai Stern unter die Arme zu greifen. „Die Initiative der IHK, Gründer und etablierte Unternehmen zusammenzubringen, hat uns sehr begeistert, das ist absolut zu unterstützen“, betont Ralf Hoecker.

Der Teststand ist eine Holzbox, die mit zwei verschiedenen Sandtypen befüllt ist, typisches Untergrundmaterial, wie es etwa unter Mannheims Straßen zu finden ist und durch das sich BOB dann in der Praxis graben müsste. Sie steht in einem überdachten Unterstand auf dem Gelände von SAX + KLEE auf der Friesenheimer Insel, und wann immer Nicolai Stern Versuche durchführen will, kann er den Teststand nutzen. Ziel ist, bis zur Baumaschinenmesse „bauma 2025“ in München einen einsatzfähigen Bohrer in Händen zu halten.

Wie Preil betont, profitieren beide Seiten von solchen Kooperationen. „Die jungen Unternehmen können den enormen Erfahrungsschatz der alten Hasen nutzen. Diese wiederum nehmen an neuen Entwicklungen und dem Ideenreichtum junger Unternehmen teil.“ Die gewonnenen Erkenntnisse seien für beide Seiten äußerst wertvoll und helfen, Entwicklungen schneller und marktgerechter voranzubringen. „Ohne Kooperation wäre die Erfahrungskurve wesentlich flacher.“ Für Stern war es außerdem eine Bestätigung seiner bisherigen Arbeit, dass ein Experte wie SAX + KLEE die Entwicklung unterstützt: „Diese Partnerschaft unterstreicht den Wert unserer Innovation und zeigt, dass selbst etablierte Branchen wie der Tiefbau offen für disruptive Technologien sind.“   sb