Nur wenige Gebäude wie der ehemalige Lokschuppen erinnern noch an die frühere Nutzung des Areals als Bahngelände. Foto: Thomas Tröster

Eines der ambitioniertesten Stadtentwicklungsprojekte Mannheims befindet sich auf der Zielgeraden: das Glückstein-Quartier auf der Südseite des Hauptbahnhofs.

von Ulla Cramer

Im Jahr 1997 unter dem Namen „Mannheim 21“ auf einer Bahn- und Industriebrache gestartet, hat sich das Glückstein-Quartier zu einem der begehrtesten Büro- und Wohnviertel Mannheims entwickelt – mit hohen Nachhaltigkeitsstandards. 33 Hektar umfasst das Areal und soll nach der endgültigen Fertigstellung Arbeitsplätze für rund 5.000 und Wohnraum für ca. 1.500 Menschen bereitstellen. Von den knapp 300.000 Quadratmetern Gebäudefläche entfallen ca. 180.000 Quadratmeter auf Büros, 90.000 Quadratmeter auf Wohnen und 17.000 Quadratmeter auf das Parkhaus.

Das Mobilitätshaus nutzen Bahnreisende, aber auch die Beschäftigten der umliegenden Bürogebäude. Foto: Thomas Tröster

„Mit dem Baufeld 2 mit einer Fläche von 6.100 Quadratmetern und einem derzeitigen Bodenrichtwert von 1.200 Euro pro Quadratmeter bringen wir nun das letzte freie Grundstück an der B36 auf den Markt“, so Martin Rostock, der bei der Mannheimer Wirtschaftsförderung für das Glückstein-Quartier verantwortlich ist. „Bei der Vermarktung des Grundstücks steht nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund. Wir sehen uns daher für diesen in Mannheim einzigartigen Premium-Standort nicht unter unmittelbarem Zeitdruck. Für das richtige Paket aus Nutzenden, Gestaltung – auch unter Klimaschutzaspekten – und Investor stehen wir allerdings auch
sofort bereit.“

Fühlen sich wohl in ihren neuen Räumlichkeiten im Gebäude LOKSITE: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von KMPG.
Foto: Thomas Tröster

Flankiert wird das unbebaute Grundstück von den Großprojekten LIV.Mannheim und LOKSITE mit einer Gesamtbürofläche von 32.700 Quadratmetern. Während Projektentwickler und Bauherr DIRINGER & SCHEIDEL (D&S) das erste Gebäude mit rund 8.700 Quadratmetern zum Jahresende 2021 schlüsselfertig und voll vermietet an den Investor Deka Immobilien übergab, läuft der Ausbau der südlichen Landmark des Glückstein-Quartiers noch bis Ende Februar 2024. Die ersten Mieter sind jedoch schon in LOKSITE eingezogen – darunter die beiden Ankermieter, der international agierende Personaldienstleister Hays und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Auch das Business Center Mannheim, die DATEV, der Softwareentwickler Yasoon und die mit dem Deutschen Gründerpreis ausgezeichnete Softwarefirma osapiens füllen LOKSITE mit Leben. Bereits vor der Gesamtfertigstellung ist die größte Büroimmobilie des Glückstein-Quartiers zu 100 Prozent vermietet. Verhandlungen mit Investoren laufen.

„Im Glückstein-Quartier haben wir uns von Anfang an engagiert. In den anonymisierten Wettbewerben konnten wir uns mit unseren Architekturpartnern erfolgreich durchsetzen.“
Alexander Langendörfer, Geschäftsführer
DIRINGER & SCHEIDEL Wohn- und Gewerbebau GmbH
Foto: D&S

Doch sind die zwei aktuellen Objekte nicht die einzigen Projekte von D&S auf dem Areal. Auf dem Baufeld 4 realisierte das Unternehmen das Wohn- und Büroensemble Quartier4, das 2021 an die Investorin und Nutzerin SV SparkassenVersicherung übergeben wurde. Auch das LanzCarré mit Wohnen, stationärer Pflege und einem Hotel, die Wohnhäuser Glückstein V, das Glückstein-Carré und das Forum von John Deere sowie die Verwaltungszentrale des Landmaschinenherstellers wurden von D&S errichtet.

„Als wir im Dezember 2018 die Einweihung unseres Mobilitätshauses im Glückstein-Quartier feierten, stand unser Gebäude noch relativ allein auf weiter Flur“, so Carsten Südmersen, Geschäftsführer der Mannheimer Parkhausbetriebe (MPB). Doch inzwischen ist die Nachbarschaft mit der SV SparkassenVersicherung, dem Neuen Technischen Rathaus und dem  Gebäudekomplex „No. 1“, zu deren Ankermietern die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY und ein Holiday Inn-Hotel gehören, deutlich angewachsen.

Mit 600 stützen- und barrierefreien XXL-Stellplätzen, Park & Ride- sowie Car-Sharing-Angeboten, E-Ladesäulen, Fahrradabstellplätzen und einer durchdachten Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr setzt die MPB auf die Verkehrskonzepte der Zukunft. Eine Dachbegrünung und Photovoltaikmodule, ja sogar eigene Nistkästen für Mauersegler, sind weitere Bausteine beim Thema Nachhaltigkeit. 18,6 Millionen Euro wurden in das siebenstöckige Projekt investiert, hinter dessen Designer-Fassade man erst einmal gar kein Mobilitätshaus vermutet, die jedoch außer dem optischen auch einen ganz praktischen Nutzen hat. Durch die lamellenartige Struktur fällt Tageslicht ins Innere, und man kann nach draußen sehen. Und Südmersen ist auch mit der wirtschaftlichen Entwicklung zufrieden: „Unsere Nutzungszahlen sind nach Corona wieder kräftig angestiegen. Mittlerweile zählen nicht mehr nur Bahnreisende zu unseren Kunden, sondern auch viele Dauerparker und Besucherinnen und Besucher der umliegenden Büros und Unternehmen.“

„Unser Mobilitätshaus im Glückstein-Quartier ist weit mehr als nur Parkhaus. Mit unseren Car-Sharing-Angeboten, den E-Ladesäulen und den Fahrradstellplätzen sind wir ein moderner Mobility-Hub.“
Carsten Südmersen,
Geschäftsführer Mannheimer Parkhausbetriebe
Foto: MPB

Auch aktuell treibt die MPB das Thema Mobilität weiter voran: Seit dem 1. August 2023 laufen zwischen Lindenhofplatz und Helmut-Kohl-Allee die Bauarbeiten zum Zugangsgebäude mit Fahrradparkhaus. Hier entstehen in Kooperation mit der Stadt Mannheim bis Ende 2025 neben einem barrierefreien Eingang zum Hauptbahnhof mit zwei Gewerbeeinheiten und Gastronomie knapp 600 wettergeschützte Fahrradstellplätze mit Lademöglichkeiten für E-Bikes. Bei der Bausumme von rund 11,2 Millionen Euro wird ein Teil durch Bundeszuschüsse, ein weiterer durch die Stadt und die restlichen 2,2 Millionen Euro durch die MPB finanziert.

„Das Glückstein-Quartier hat seinem Namen alle Ehre gemacht – es war zur richtigen Zeit auf dem Markt und ist eine echte Erfolgsgeschichte“, so Rostock. „In naher Zeit ist ein neues, so bedeutendes und großes Projekt für Gewerbeflächen im Eigentum der Stadt nicht unbedingt zu erwarten. Die zukünftigen Innenentwicklungen werden wohl kleinteiliger sein, aber am Ende nicht weniger wichtig. Jedenfalls freuen wir uns, dass es gelungen ist, mit diesem Stadtentwicklungsprojekt zahlreichen Firmen optimale Arbeitsbedingungen zur Verfügung zu stellen.“