Im INSPIRE Living Lab der Universitätsmedizin Mannheim können Start-ups wie MyScribe ihre digitalen Neuentwicklungen unter Bedingungen des Klinikalltags testen. Foto: UMM

Im INSPIRE Living Lab der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) trifft Innovation auf Wirklichkeit: Auf der Station, wo Patienten der Urologie und Orthopädie behandelt werden, können Unternehmen und vor allem Start-ups unter Realbedingungen ihre Digital-Health-Produkte im Testsetting erproben und weiterentwickeln. Davon profitiert auch die Existenzgründung MyScribe der Jung-Unternehmer Ira Stoll und Lars Stoll.

Die Ärztin und der Software-Entwickler wollen Ärzten den Klinikalltag mit einer Dokumentations­software erleichtern. Visitenlisten und Arztbriefe soll in Zukunft eine Web-App vollautomatisch erstellen. Das System stellt also gleichsam virtuelle Schreibkräfte für die aufwändige Dokumentation und Berichtsarbeit zur Verfügung. „Unser KI-gestütztes Modell übernimmt Routineaufgaben. Ärzte können sich so auf ihre Kernaufgabe konzentrieren“, sagt Ideengeberin Ira Stoll. Für ihre Erfindung wurde MyScribe bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet – wie dem MEXI-Existenzgründungspreis 2023 der Stadt Mannheim und dem Innovators‘ Pitch 2023 des IT-Branchenverbands Bitkom.

„Die Kooperation mit dem Living Lab hat uns erstmals validierbare und belastbare Ergebnisse geliefert.“
Ira Stoll, Geschäftsführerin MyScribe
Foto: Daniel Lukac/Stadt Mannheim

Anfang Juli 2023 konnte das Start-up mit der finanziellen Unterstützung durch das EXIST-Gründungsstipendium im Reallabor des Universitätsklinikums Mannheim die Testphase starten. Ein Jahr hatten die intensiven Vorarbeiten gedauert. Erste Ergebnisse bestätigen, dass das KI-basierte Schreibmodell die bereits an verschiedenen Stellen vorliegenden Infos selbsttätig erfassen und gut in Fließtexte übertragen kann. „Die Zeitersparnis für Mediziner liegt bei rund zwei bis drei Stunden täglich“, erklärt Ira Stoll. Sie betont zudem die hohe inhaltliche und grammatikalische Qualität des KI-Modells, das sprachliche Fehler automatisch behebt. In einem weiteren Krankenhaus wird die App bereits im Klinikalltag eingesetzt.

„Digitalisierung verbessert den Alltag auf Klinikstationen immens, gerade wenn es um Dokumentation und administrative Tätigkeiten geht. Die Erprobung in realer Umgebung, wie sie das Living Lab bietet, ist dabei unverzichtbar“, sagt Dr. Hannah Schlott, Projektmanagerin INSPIRE Living Lab. Der Praxistest zeige klar die Leistungsfähigkeit der eingesetzten Systeme auf und wo gegebenenfalls noch nachgebessert werden müsse.

Erstmals standen bei einer solchen Testphase im Living Lab übrigens Ärzte und nicht unmittelbar Patienten im Mittelpunkt. „Wo aber mehr Zeit für eine optimale Versorgung bleibt, profitiert unbedingt auch der Patient“, ist Ira Stoll überzeugt. Das im nahe gelegenen Gründerzentrum CUBEX ONE beheimatete Start-up entwickelt parallel eine Pflege-App, um auch das Pflegepersonal größtmöglich zu entlasten. Und noch an einem weiteren KI-Modell arbeiten die MyScribe-Tüftler. Dieses soll Bilder auslesen können und damit selbst handschriftliche Befunde strukturiert erfassen und speichern können. Abtippen als Zwischenschritt entfällt.   kw